Reisekosten versus Pendlerpauschale: Wo liegt die erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers?

Ob und wo ein Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte unterhält, ist aus steuerlicher Sicht von zentraler Bedeutung, denn für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte lässt sich nur die Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer (= einfacher Weg) absetzen. Fährt ein Arbeitnehmer hingegen einen auswärtigen Tätigkeitsort an, kann er seine Fahrten dorthin mit den tatsächlich gefahrenen Kilometern (= Hin- und Rückweg) abrechnen. Bei einer solchen Auswärtstätigkeit kann er wählen, ob er die tatsächlichen Aufwendungen für sein genutztes Beförderungsmittel absetzt oder pauschalierte Kilometersätze nach dem Bundesreisekostengesetz (0,30 EUR bei Pkw-Nutzung, 0,20 EUR bei Nutzung anderer motorbetriebener Fahrzeuge). Zudem kann er bei einer Auswärtstätigkeit auch Verpflegungsmehraufwendungen (mit Tagessätzen von 12 EUR oder 24 EUR), Übernachtungskosten und sonstige Reisekosten (z.B. für Gepäckaufbewahrung, Parkplatz) als Werbungskosten ansetzen.


Arbeitnehmer können pro Dienstverhältnis nur eine erste Tätigkeitsstätte haben, die normalerweise vom Arbeitgeber festgelegt wird. Fehlt eine solche Festlegung oder ist sie nicht eindeutig, greifen weitere Prüfkriterien aus dem Einkommensteuergesetz. Sofern mehrere Orte als erste Tätigkeitsstätte in Betracht kommen und der Arbeitgeber keine entsprechende Zuordnung getroffen hat, ist derjenige Arbeitsort die erste Tätigkeitsstätte, der der Wohnung des Arbeitnehmers örtlich am nächsten liegt.  


Hat ein Arbeitnehmer zwar keine bestimmte Tätigkeitsstätte, muss er aber für die Arbeitsaufnahme tagtäglich zu einem definierten Ort fahren (z.B. Fahrzeugdepot von Bus- oder Lkw-Fahrern), ist dieser Ort nach dem Einkommensteuergesetz die erste Tätigkeitsstätte mit der steuerlichen Folge, dass für Fahrten dorthin nur die Entfernungspauschale gilt. Wechseln die Orte der Arbeitsaufnahme ständig, darf der Arbeitnehmer seine Fahrtkosten aber unbeschränkt steuerlich geltend machen.


Auch bei Arbeitnehmern, die in einem weiträumigen Arbeitsgebiet tätig sind (z.B. einem Hafengelände), schreibt das Gesetz vor, dass der Weg zwischen Wohnung und nächstgelegenem Zugang zu diesem Gebiet nur mit der Entfernungspauschale abgesetzt werden kann. Fahrten innerhalb dieses Gebietes können hingegen mit allen Fahrtkilometern unbeschränkt abgesetzt werden.


Hinweis: Bei der Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte und der Absetzbarkeit von Reisekosten gelten komplexe steuerliche Regeln. Da auf diesem Gebiet reichlich Steuersparpotential besteht, sollten Arbeitnehmer einen Steuerfachmann hinzuziehen, der die steuermindernden Möglichkeiten des Reisekostenrechts kennt.

Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 10/2015)

Source: Mandanten-Infos