Stille Reserven: Werden bei Verlegung ins Ausland besteuert

Häufig sind Unternehmen in international agierende Konzerne eingebunden oder sie errichten selbst weltweit Betriebsstätten und Niederlassungen. Doch trotz der Unterstützung und Förderung des Außenhandels versteht der Gesetzgeber in manchen Punkten keinen Spaß – unter anderem dann, wenn er die Besteuerungshoheit verliert. Das hört sich ganz weit weg an? Ist es aber nicht, denn die Besteuerungshoheit verliert der Staat bereits dann, wenn ein Wirtschaftsgut in eine Betriebsstätte im Ausland verbracht wird. Die Besteuerung eventueller stiller Reserven (also der Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert und dem Buchwert) ist damit gefährdet.


Daher gilt in einem solchen Fall die sogenannte Entstrickungsbesteuerung: Die Verlagerung von Wirtschaftsgütern ins Ausland wird fiktiv als Entnahme behandelt. Der entstehende Gewinn wird mittels eines Merkpostens steuerneutral geparkt und über zehn Jahre steuerwirksam aufgelöst. Problem – es wird ein Gewinn versteuert, der im Endeffekt (zum Beispiel nach einer finalen Veräußerung) möglicherweise gar nicht anfallen würde. Um der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs keinen Urteilsspielraum zu lassen, wurde rückwirkend gesetzlich geregelt, dass die Entstrickungsbesteuerung auch für die Vergangenheit gilt.


Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) wies die Klage der Gesellschaft gegen diese Versteuerung nun zurück: In einem Fall hatte nämlich die Holdinggesellschaft eines niederländischen Konzerns aus einer deutschen Tochtergesellschaft diverse Rechte in eine niederländische Betriebsstätte der deutschen Tochter verbringen lassen. Das Finanzamt wertete dieses Verbringen als Entnahme und nahm entsprechend der oben genannten Vorgehensweise eine Versteuerung vor.


Grundsätzlich – so hatte zuvor bereits der Europäische Gerichtshof entschieden – verstößt das geänderte Gesetz und damit die Entstrickungsbesteuerung nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Außerdem ist das Gesetz samt der rückwirkenden Geltung nicht verfassungswidrig. Eine echte Rückwirkung eines Steuergesetzes verstößt zwar gegen geltende Verfassungsprinzipien, allerdings ist im Fall der Entstrickungsbesteuerung zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung einheitlich war und nie ein Vertrauenstatbestand entstehen konnte. Und nur in diesem Fall wäre die Rückwirkung unzulässig gewesen.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 04/2016)

Source: Mandanten-Infos