Verlängerte Spekulationsfrist: Ergänzte Vereinfachungsregel zur Berücksichtigung der Abschreibungen

Vor mehr als 16 Jahren verlängerte der Gesetzgeber die Spekulationsfrist für private Grundstücksveräußerungsgeschäfte von zwei auf zehn Jahre. Bis heute beschäftigt dieser Schritt Gerichte und Finanzverwaltung. So hat das Bundesfinanzministerium (BMF) jetzt neue Grundsätze zur Aufteilung des Veräußerungsgewinns bei Grundstücksverkäufen formuliert, die nach dem 31.03.1999 (Tag der Verkündung der Neuregelung) stattgefunden haben und bei denen die frühere zweijährige Spekulationsfrist bereits vor dem 01.04.1999 abgelaufen war.


Rückblick: Seit 2010 ließ das BMF für diese Geschäfte eine Aufteilung zu – und zwar dergestalt, dass Veräußerungsgewinne in einen bis zum 31.03.1999 entstandenen nicht steuerbaren Wertzuwachs und einen nach dem 31.03.1999 eingetretenen steuerbaren Wertzuwachs aufgeteilt werden. Dabei galt die Vereinfachungsregelung, dass der steuerbare Wertzuwachs linear nach dem Verhältnis ermittelt werden konnte, in dem die Besitzzeit nach dem 31.03.1999 zur Gesamtbesitzzeit stand (monatsweise Ermittlung).


Beispiel: Herr A verkauft ein unbebautes Grundstück des Privatvermögens nach einer Haltedauer von insgesamt 31 Monaten mit einem Wertzuwachs von 50.000 EUR; die Haltedauer nach dem 31.03.1999 betrug lediglich vier Monate. Es ist bei der Einkommensteuerfestsetzung lediglich ein Gewinn von 6.452 EUR (4/31tel) anzusetzen.


Aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergänzte das BMF jetzt seine bisherige Vereinfachungsregelung um den Zusatz, dass Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen für Abnutzungen sowie lineare und degressive Absetzungen für Abnutzungen bei der Aufteilung dem Zeitraum zugeordnet werden müssen, in dem sie steuerlich abgezogen worden sind. Vor dem 01.04.1999 vorgenommene Abschreibungen können bei der Berechnung des steuerbaren Veräußerungsgewinns fortan also steuerlich ausgeklammert werden. Nach einer neuen Beispielsberechnung des BMF wird zunächst der Wertzuwachs ermittelt, der sich über die gesamte Haltedauer der Immobilie ergeben hat (Veräußerungserlös abzüglich ursprünglicher Anschaffungskosten). Dieser Wert wird mit dem Anteil angesetzt, den die Haltedauer ab dem 01.04.1999 an der Gesamthaltedauer hat. Das Ergebnis wird abschließend um die Abschreibungsbeträge erhöht, die der Immobilieneigentümer nach dem 01.04.1999 beansprucht hat, so dass sich der steuerbare Veräußerungsgewinn ergibt.


Hinweis: Die neue Berechnungsmethode wird vom BMF in allen offenen Fällen angewandt. Grundstückseigentümer können also Abschreibungen, die sie vor der gesetzlichen Neuregelung vorgenommen haben, noch aus der Berechnung des steuerbaren Veräußerungserlöses ausklammern sofern die zugrundeliegende Steuerfestsetzung verfahrensrechtlich noch änderbar ist.

Information für: Hausbesitzer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 08/2015)

Source: Mandanten-Infos